Marie Skłodowska-Curie Actions-Stipendium für Hope Bretscher
Hope Bretscher aus der Forschungsgruppe Ultrafast Transport in Quantum Materials erhält ein Marie-Skłodowska-Curie-Stipendium, um das Verhalten von Elektronen in Materialien zu untersuchen. Sie erforscht Festkörper aus gestapelten Schichten, die jeweils nur wenige Atome dick sind. Mithilfe einer neuen Technik will sie verstehen, wie die einzelnen Schichten die elektronischen Eigenschaften der anderen Schichten und des gesamten Materials beeinflussen.
Kristalline Festkörper bestehen aus Atomen, die in sehr geordneten, sich wiederholenden Mustern miteinander verbunden sind. Wenn zwei Schichten desselben Materials um einen kleinen Winkel versetzt gestapelt werden, überlagern sich die strukturierten Anordnungen der Atome und erzeugen ein neues sogenanntes Moiré-Muster.
Ein ähnlicher Effekt entsteht bei den Flügeln eines Vogels. Jede einzelne Feder besteht aus parallelen Widerhaken. Wenn sich die Federn in bestimmten Winkeln überlappen, entstehen wellenförmige oder kreisförmige Muster. Bei den von Bretscher untersuchten Materialien ist dies nicht nur ein optischer Effekt, sondern die Moiré-Muster führen zu signifikanten und überraschenden Veränderungen im Verhalten der Elektronen. Je nach dem Verdrehungswinkel zwischen den Schichten kann der Stapel völlig neue Eigenschaften annehmen, wie z. B. Supraleitung, Magnetismus oder anomale Isolationszustände. Entscheidend ist, dass diese Zustände – von denen einige noch nie zuvor beobachtet wurden – durch eine Veränderung der Anzahl der Elektronen im Material aus- und eingeschaltet werden können. Dieser Ansatz birgt ein enormes Potenzial für die Entwicklung innovativer Materialien und Technologien.
Wissenschaftler*innen wollen den Zusammenhang zwischen den Moiré-Mustern und den Veränderungen dieser elektronischen Eigenschaften verstehen. Die Art und Weise, wie sich die Elektronen bewegen, könnte für Berechnungen und die Informationsspeicherung von Nutzen sein. Zurzeit treten die meisten interessanten Phänomene in Moiré-Strukturen bei sehr niedrigen Temperaturen auf, welche aber für praktische Anwendungen zu kalt sind. Ein besseres Verständnis dieser Veränderungen und warum sie auftreten könnte es den Forscher*innen jedoch ermöglichen, Materialien zu entwerfen, die ähnliche Effekte bei realistischen Temperaturen für die Anwendung zeigen.
„Diese Forschung finde ich wirklich spannend, denn wir versuchen, Puzzleteile aus experimentellen Techniken und anderen Bereichen neu zusammenzusetzen,“ sagt Hope Bretscher. „Dadurch können wir diese bemerkenswerten Materialien aus einer ganz anderen Perspektive und mit einem hohen Maß an Kontrolle untersuchen, was notwendig ist, um diese sehr komplexen Systeme zu verstehen."
Als leidenschaftliche Kommunikatorin schätzt sie besonders, dass das MCSA-Stipendium die wissenschaftliche Kommunikation und die Verbreitung von Wissen betont – sowohl an andere Forscher*innen als auch an die breite Öffentlichkeit. „Es ist mir sehr wichtig, dass die Menschen an der Wissenschaft teilhaben können, dass sie verstehen, wie die Forschung durchgeführt wird, und dass sie von ihren Ergebnissen profitieren. Wissenschaft ist ein öffentliches Gut, und es ist unerlässlich, sie mit Menschen aus wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Kreisen auf der ganzen Welt zu teilen."
Hope wird das Marie Skłodowska-Curie-Stipendium nächstes Jahr beginnen. Sie kam 2021 zu der von James McIver geleiteten UTQM-Forschungsgruppe am MPSD und hatte zuvor vier Jahre lang als Doktorandin an der University of Cambridge geforscht. Auf ihren Bachelor in Physik an der University of Chicago folgte ein M.A. in Science and Technology in Society an der University of Edinburgh.
Das Marie-Skłodowska-Curie-Postdoktorandenstipendium wird an exzellente Wissenschaftler*innen vergeben, um ein individuelles Forschungsprojekt durchzuführen. In der letzten Runde erhielten 1.156 Postdoktorand*innen Stipendien im Gesamtwert von €242 Millionen. Die Bewerbungsfrist für die diesjährige Ausschreibung ist der 14. September.