Langanhaltender magnetischer Zustand durch ultrakurze Laserpulse erzeugt
Wissenschaftler*innen am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) und am MIT haben einen neuen, langanhaltenden magnetischen Zustand in einem antiferromagnetischen Material allein mit Licht erzeugt. Dieser Durchbruch hat großes Potenzial für die Entwicklung von Speicherchips und die Informationsverarbeitung. Das Team setzte einen Terahertz-Laser ein, der mehr als eine Billion Mal pro Sekunde schwingt, um Atome in einem antiferromagnetischen Material anzuregen. Indem sie die Frequenz des Lasers auf die natürlichen Schwingungen der Atome abstimmten, verursachten sie eine schnelle Veränderung der atomaren Struktur, die das Material in einen neuen magnetischen Zustand versetzte. Ihre Ergebnisse wurden in Nature veröffentlicht.
In herkömmlichen Magneten wie etwa Kühlschrankmagneten, sogenannten Ferromagneten, richten sich die magnetischen Momente aller Atome wie ein Gitter aus winzigen Kompassen aus, die alle in die gleiche Richtung zeigen. Diese Ausrichtung erzeugt eine endliche Magnetisierung, macht das Material aber auch empfindlich gegenüber äußeren Magnetfeldern. Antiferromagnete haben dagegen abwechselnde Spins – auf, ab, auf, ab –, sodass sich die magnetischen Effekte gegenseitig aufheben und die Nettomagnetisierung null ist. Diese einzigartige Eigenschaft macht antiferromagnetische Materialien unempfindlich gegenüber Störungen, was sie potenziell ideal für robuste, störungsresistente Speicherchips macht. Eine zentrale Herausforderung bestand jedoch darin, eine zuverlässige Methode zu finden, um diese Materialien zwischen verschiedenen magnetischen Zuständen umzuschalten.
In der kürzlich in Nature veröffentlichten Studie nutzten Forschende des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie und des MIT Terahertz-Licht, um einen Antiferromagneten in einen neuen magnetischen Zustand zu versetzen. Dieser Durchbruch zeigt das Potenzial antiferromagnetischer Materialien für zukünftige Speicherchips, die mehr Daten speichern und verarbeiten, weniger Energie verbrauchen und weniger Platz benötigen. „Im Allgemeinen sind solche antiferromagnetischen Materialien schwer zu kontrollieren, aber jetzt haben wir einige Stellschrauben gefunden, um sie anzupassen und zu justieren“, sagen Angel Rubio, Direktor der Theorie-Abteilung am MPSD, und Nuh Gedik, Donner-Professor für Physik am MIT, die die Studie gemeinsam leiteten.
Das Team arbeitete mit FePS3, einem Material, das bei etwa 118 Kelvin (-115 °C) in eine antiferromagnetische Phase übergeht. Sie vermuteten, dass sein magnetischer Zustand durch Abstimmung auf die atomaren Schwingungen, sogenannte Phononen, kontrolliert werden könnte. „Man kann sich jedes feste Material als eine Menge von Atomen vorstellen, die periodisch angeordnet und durch winzige Federn verbunden sind“, erklärt Alexander von Hoegen, Postdoktorand in Gediks Gruppe. „Zieht man an einem Atom, schwingt es mit einer charakteristischen Frequenz, typischerweise im Terahertz-Bereich.“
Das Team ging davon aus, dass sie durch Anregung dieser Phononen mit einem Terahertz-Laser, der auf ihre natürliche Frequenz abgestimmt ist, die Spins der Atome aus ihrer perfekt ausbalancierten Ausrichtung herausdrängen könnten. Diese Unausgewogenheit würde eine bevorzugte Orientierung schaffen und das Material in einen neuen Zustand mit endlicher Magnetisierung versetzen. „Die Idee ist, die Terahertz-Schwingungen der Atome anzuregen, die auch mit den Spins gekoppelt sind“, sagt Emil Viñas Boström, Postdoktorand in Rubios Gruppe. „Ein Unterschied in den optischen Eigenschaften zeigt uns, dass das Material nicht mehr der ursprüngliche Antiferromagnet ist und dass wir einen neuen magnetischen Zustand induzieren, im Wesentlichen, indem wir mit Terahertz-Licht die Atome erschüttern“, fügt Batyr Ilyas, Doktorand in Gediks Gruppe, hinzu.
Wiederholte Experimente zeigten, dass ein Terahertz-Puls den Antiferromagneten erfolgreich in diesen neuen magnetischen Zustand versetzen konnte. Dieser Zustand hielt mehrere Millisekunden an, nachdem der Laser abgeschaltet wurde. Um den Mechanismus hinter dieser langanhaltenden Magnetisierung zu verstehen, entwickelten die Forschenden ein Modell, das die Wechselwirkung zwischen Spins und Phononen beschreibt. Sie identifizierten einen spezifischen Phonon-Modus – ein Muster von Schwingungen innerhalb des Kristallgitters –, der eine Kopplung zwischen den antiferromagnetischen und ferromagnetischen Zuständen des Materials vermittelte. „Dies ist eine äußerst ungewöhnliche Situation, in der die Änderung der magnetischen Fluktuationen zu einer neuen Art von magnetischer Ordnung führt“, sagt Rubio. „Typischerweise zerstören Fluktuationen die magnetische Ordnung, aber hier haben sie einen konstruktiven Effekt.“
Simulationen zeigten, dass die Lebensdauer der induzierten Magnetisierung nahe der Übergangstemperatur durch die langsame Dynamik der antiferromagnetischen Ordnung bestimmt wurde, ein Phänomen, das als kritisches Abbremsen bekannt ist. „Nahe der Ordnungs-Temperatur scheint die Zeit innerhalb des Antiferromagneten langsamer zu vergehen, und die Spins beginnen sich sehr langsam zu bewegen“, sagt Viñas Boström. Die Phononen wirken als „Klebstoff“, der die Magnetisierung mit den antiferromagnetischen Fluktuationen koppelt und die Relaxation der Magnetisierung verlangsamt.
Diese verlängerte Lebensdauer bietet Wissenschaftlern ein Zeitfenster, um den temporären magnetischen Zustand zu untersuchen, bevor er wieder in den Antiferromagnetismus umschlägt. Das Verständnis dieser Dynamiken könnte neue Wege eröffnen, um Antiferromagnete zu kontrollieren und ihre Nutzung in Speichertechnologien der nächsten Generation zu optimieren.
Basierend auf einer Pressemitteilung des MIT zu dieser Arbeit.