Ultraschnelle Laserblitze schützen einen DNA-Baustein vor lichtausgelöstem Zerfall
Hochenergetische Strahlung kann irreparable Schäden an unseren eigenen biologischen Molekülen – wie beispielsweise der DNA – verursachen, die zu Mutationen und möglicherweise zum Zelltod führen. Die Schäden fangen häufig als Ionisierung des Moleküls an und führen zu einer Aufspaltung der DNA-Untereinheiten. Ein Schutz vor solchen Strahlenschäden konnte bisher kaum erreicht werden, da der lichtinduzierte Spaltungsprozess nicht gestoppt werden konnte. In ihren Ultrakurzzeit-Experimenten hat die Arbeitsgruppe von Francesca Calegari zusammen mit weiteren Forschenden herausgefunden, dass es mit Hilfe von Mechanismen, die auf extrem kurzen Zeitskalen ablaufen, tatsächlich möglich ist, das Molekül zu schützen.
Calegaris Attosekunden-Forschungsgruppe ist am Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) angesiedelt, das gemeinsam von DESY, der Universität Hamburg und der Max-Planck-Gesellschaft betrieben wird. Die Gruppe arbeitet mit extrem kurzen Lichtblitzen im Attosekundenbereich, um Elektronenbewegungen in komplexen Molekülen abzubilden und zu kontrollieren.
In ihren jüngsten Experimenten setzte die Gruppe Moleküle des DNA-Bausteins Adenin für eine Zeit von Attosekunden (10-18 s) einem intensiven VUV-Blitz aus, der das Molekül regelmäßig zur Zerstörung bringt. Als sie das Molekül nur zwei Femtosekunden (10-15 s) danach mit einem Infrarotlichtblitz bestrahlten, stellten sie jedoch fest, dass sich das Molekül durch Abgabe eines Elektrons stabilisierte und sein Zerfall gestoppt wurde. Stattdessen blieb ein doppelt ionisiertes, aber ansonsten intaktes Adeninmolekül zurück. Insgesamt konnte die Gruppe so etwa ein Prozent der Moleküle vor der Zerstörung bewahren. Als Schlüsselmechanismus für diese Stabilisierung identifizierte das Team die Wanderung von Elektronenladungen: Ein rein elektronischer Prozess, der auf einer ultraschnellen Ladungswanderung fort vom Molekül basiert.
„Wir sind mit unseren Experimenten in den Attosekunden-Bereich vorgedrungen und konnten so erstmals zeigen, dass es mit unserer Technik möglich ist, Elektronenbewegungen auszunutzen, um das Schicksal einer molekularen Reaktion zu verändern“, erklärt Erstautor Erik Månsson von DESY. „Bisher gab es nur Spekulationen über diese Möglichkeit; die übliche Annahme war stattdessen, dass die Kontrolle der Bewegungen der Atomkerne in den Molekülen der Schlüssel für die molekulare Stabilisierung ist.“ In dieser Studie jedoch wurden Zeitskalen betrachtet, in denen die Atome im Molekül als bewegungslos, quasi eingefroren, betrachtet werden können. Sie enthüllt damit einen rein elektronischen Mechanismus, der für DNA-Bausteine bisher unerforscht ist.
Die MPSD-Wissenschaftler lieferten das mikroskopische Verständnis der experimentellen Messungen durch die Entwicklung theoretischer Methoden zur Simulation der ultraschnellen korrelierten Elektronendynamik. Die Methode ist sowohl effizient als auch auf realistische Systeme anwendbar.
Mitautor Simone Latini, ein Postdoc am MPSD, ist hocherfreut über die Ergebnisse: "Es war faszinierend, die Fortschritte bei den experimentellen Techniken zur Auflösung der Elektronendynamik auf so kurzen Zeitskalen mitzuerleben", sagt er. "Es ist großartig, an der Entwicklung von theoretischen Werkzeugen mitzuarbeiten, die es uns erlauben, realistische biomolekulare Systeme zu beschreiben, die für unser Leben so relevant sind."
Die neuen Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt zum Verständnis der rasanten Mechanismen, die durch die Wechselwirkung von Biomolekülen mit Licht aktiviert werden, und ihrer Rolle beim Schutz vor der Zerstörung durch das Licht. „Der Nachweis eines ultraschnellen Stabilisierungsablauf für einen DNA-Baustein, indem wir das System beobachten, bevor die Kernbewegung stattfindet, kann unsere Möglichkeiten zur Kontrolle von Ionisationsschäden erheblich verbessern – mit interessanten Perspektiven für den Schutz von Molekülen vor Licht“, erklärt Calegari.
Text: Thomas Zoufal, DESY & Jenny Witt