MRT-ähnliche Methode zur direkten Abbildung magnetischer Wellen
MRT-Scanner können auf nicht-invasive Weise in den menschlichen Körper blicken. Der Scanner erkennt die Magnetfelder, die von den Atomen im Inneren abgestrahlt werden. So kann der Gesundheitszustand von Organen selbst unter dicken Gewebeschichten untersucht werden.
Viele Forschungsbereiche würden von solch einer nicht-invasiven Abbildungsmethode profitieren. Besonders nützlich wäre sie in der Nanotechnologie und der Chipindustrie. Könnten Entwickler Signale in Computerchips und anderen Nanogeräten ‚sehen‘, wäre es einfacher, deren Leistung zu optimieren und ihre Wärmeproduktion zu reduzieren. Die Millimeterauflösung der konventionellen MRT reicht jedoch nicht aus, um Geräte im Chip-Maßstab zu untersuchen. Nun hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung der TU Delft eine neue Methode zur Erfassung magnetischer Wellen im Submikrometerbereich entwickelt.
Das MRT-System der Delfter Forscher macht sich einen speziellen Gitterdefekt in der Kristallstruktur von Diamanten zunutze. Dieser Defekt - bekannt als Stickstoff-Vakanz-Zentrum (NV-Zentrum) - besteht aus einem Stickstoffatom, das neben einer leeren Stelle im Kohlenstoffgitter des Diamanten sitzt.
"Ein solches NV-Zentrum ist im Wesentlichen ein atomgroßer Magnet, der extrem empfindlich auf Magnetfelder reagiert", erklärt der Forscher Toeno Van der Sar von der TU Delft. "Als solche ermöglichen NV-Zentren eine hochaufgelöste Abbildung der magnetischen Struktur einer Probe."
Spinwellen sind für das Verhalten von Magneten von zentraler Bedeutung. Sie bieten ein großes Potenzial als Informationsträger, da sie wenig Wärme erzeugen. Ihre Wellennatur ermöglicht es, logische Vorrichtungen zu bauen, die mit Hilfe von Welleninterferenz Rechenaufgaben ausführen. Die Fähigkeit, die Wellen zu sehen, ist jedoch entscheidend für den Entwurf von Spinwellen-Geräten.
"Um diese Wellen abzubilden, verwendeten wir einen Diamantchip, in dem wir eine Schicht von NV-Zentren erzeugten", erklärt Van der Sar. "Wir legten diesen Chip auf einen dünnen Magnetfilm, in dem wir mit Hilfe von Elektroden und Mikrowellenströmen Spinwellen anregten. Die NV-Zentren nehmen die von den Spinwellen erzeugten Magnetfelder auf, was eine hochauflösende Abbildung der Spinwellen ermöglicht.“
Das Theorieteam des MPSD und der Tohoku-Universität erläuterte die experimentellen Beobachtungen in Bezug auf die chirale Spinwellenanregung und die Dipolfeldkopplung an die Sensorspins. Co-Autor Tao Yu - ein Postdoktorand am MPSD - sagt: "So wie man Wasserwellen auf einem See verfolgt, können die Wissenschaftler jetzt direkt beobachten, wie sich die Spinwellen bewegen. Diese Ergebnisse sind der direkteste Beweis für die Chiralität von Spinwellen, die unser Verständnis der Dynamik von Spinwellen vertiefen".
“Chiralität ist eine Funktionalität, die bisher in der Spintronik noch wenig eingesetzt wurde, die aber die Grundlage für eine neue Generation spinbasierter Geräte aus konventionellen Materialien sein könnte", fügt Gerrit Bauer von der Tohoku-Universität hinzu. "Es ist das erste Experiment, das die Chiralität der Spinwellen nachweisen kann. Diese Ergebnisse ebnen den Weg für die Untersuchung von Spinwellen in atomar dünnen Magneten, selbst wenn diese zwischen undurchsichtigen Materialien eingebettet sind".
Die Forscher haben gezeigt, dass Spinwellen mit ihrer Methode selbst durch undurchsichtige Materialien wie die Metallverdrahtung auf einem Chip abgebildet werden können. Die Technik ist sogar empfindlich genug, um Spinwellen in Magneten nachzuweisen, die nur ein einziges Atom dick sind.
Nach Van der Sar's Ansicht wird dieser Ansatz einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von neuartigen Technologien leisten: "Da ultradünne Magnete zur Herstellung von Logikbausteinen in kleinstem Maßstab herangezogen werden, kann unsere bildgebende Technik diese Entwicklung unterstützen".
Text von Toeno van der Sar, TU Delft / Jenny Witt, MPSD