Rolle der strukturellen Symmetriebrechung in einem korrelierten Kandidaten-Quantenmaterial für den verlustfreien Energietransport
Ein internationales Forschungsteam hat eindeutig nachgewiesen, dass der Festkörper Ta2NiSe5 kein exzitonischer Isolator ist und damit die Debatte über den mikroskopischen Ursprung der Symmetriebrechung in diesem Material beendet. Die in PNAS veröffentlichten Ergebnisse stellen einen Eckpfeiler für die korrekte Identifizierung der treibenden Kraft hinter spontanen Symmetriebrechungen in einer breiten Klasse von Quantenmaterialien dar, die als Plattform für den verlustfreien Energietransport in Frage kommen.
Der exzitonische Isolator ist eine elektronisch gesteuerte Phase der Materie, die in Festkörpern auftreten kann. Wissenschaftler suchen nach Möglichkeiten, diese exotische Ordnung in Quantenmaterialien aufzuspüren und zu stabilisieren, da sie den Weg zu einem supraflüssigen Energietransport ohne Nettoladung (der sich von der Supraleitung unterscheidet) ebnen könnte. Wenn dieses Phänomen realisiert wird, könnte es zu einer neuen Generation von Technologien führen, bei denen Energie auf der Nanoskala mit hoher Kohärenz und minimaler Verlustleistung transportiert wird.
Allerdings erwies es sich bislang als schwierig, diese Phase in realen Festkörpern zu entdecken. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde vorgeschlagen, dass der quasi-zweidimensionale Festkörper Ta2NiSe5oberhalb der Raumtemperatur eine exzitonische Isolatorphase aufweisen könnte. Oberhalb einer kritischen Temperatur, TC = 328 K, kristallisiert dieses Material in einer geschichteten Struktur, die aus parallelen Ta- und Ni-Ketten besteht. Bei TC durchläuft das System einen Übergang vom Halbmetall zum Halbleiter, begleitet von einer strukturellen Umstrukturierung des Kristallgitters. Die wissenschaftliche Gemeinschaft hat eine intensive Debatte darüber geführt, ob dieser Phasenübergang durch eine rein elektronische oder eine strukturelle Instabilität ausgelöst wurde.
In einer kürzlich in PNAS veröffentlichten Studie haben Forschende aus den USA, Deutschland und Japan die grundlegenden Prozesse in diesem Übergang mit einem experimentell-theoretischen Ansatz untersucht. Mithilfe der zeit- und winkelaufgelösten Photoemissionsspektroskopie setzten sie Ta2NiSe5 unter streng kontrollierten Bedingungen einem maßgeschneiderten Laserpuls aus und zeichneten einen Echtzeitfilm der grundlegenden Komponenten der Exzitonen (d. h. Elektronen und Löcher) sowie der strukturellen Freiheitsgrade auf. Um diese mikroskopischen Phänomene aufzulösen, musste der Film eine ultraschnelle Zeitauflösung von weniger als einem Millionstel einer Milliardstel Sekunde erreichen.
Die Verfolgung der Dynamik der elektronischen und kristallinen Struktur des Materials nach der Lichtanregung ergab spektroskopische Fingerabdrücke, die nur mit einem dominanten Ordnungsparameter struktureller Natur vereinbar sind. Dies impliziert, dass die Veränderungen in der Kristallstruktur die Entwicklung der elektronischen Suprafluidität in diesem Quantenmaterial tatsächlich behindern.
„Diese Arbeit zeigt, dass Ta2NiSe5 kein exzitonischer Isolator ist und dass der dissipationsfreie Energietransport durch die auffällige Umordnung der Kristallstruktur behindert wird“, sagt Nuh Gedik, Professor für Physik am Massachusetts Institute of Technology (MIT), der die Forschungsarbeiten koordinierte. „Unsere Experimente bieten einen neuen Ansatz, um die treibende Kraft hinter dem spontanen Symmetriebruch in einer Vielzahl von exzitonischen Isolatoren zu identifizieren“, fügt der Hauptautor Edoardo Baldini hinzu, ehemaliger Postdoktorand am MIT und jetzt Assistenzprofessor für Physik an der University of Texas in Austin.
Die Ergebnisse wurden durch hochmoderne Berechnungen an mehreren Instituten gestützt. Durch die Kombination ihrer vielfältigen theoretischen Methoden gelang es, den mikroskopischen Ursprung dieser Veränderungen in Ta2NiSe5 mit noch nie dagewesener Genauigkeit zu verstehen. “Die Bestätigung, dass der mikroskopische Mechanismus, der diesen Übergang steuert, struktureller Natur ist, erforderte eine höchst anspruchsvolle und miteinander verknüpfte elektronische und strukturelle Modellierung, die auch relevante Informationen über die Auswirkungen möglicher exzitonischer Beiträge lieferte", so Theoriedirektor Angel Rubio vom Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) in Hamburg.
Die Gruppen von Eugene Demler an der Harvard University, Andrew Millis an der Columbia University und Igor Mazin an der George Mason University waren Partner bei der theoretischen Zusammenarbeit. Die experimentellen Untersuchungen wurden am MIT durchgeführt und die für diese Arbeit verwendeten Ta2NiSe5-Kristalle wurden am Max-Planck-Institut für Festkörperphysik in Stuttgart und an der Universität von Tokio synthetisiert.