Beeinflussung supraleitender Plasmawellen mit Terahertz-Licht
Terahertz-Bestrahlung verstärkt Josephson-Plasmawellen in Hochtemperatursupraleitern und bereitet möglicherweise einen Weg für die Stabilisierung fluktuierender Supraleitung
Die meisten Systeme in der Natur sind inhärent nichtlinear. Das bedeutet, dass ihre Reaktion auf äußere Anregungen nicht proportional zur Stärke des Auslöseimpulses ist. Nichtlinearitäten beobachtet man beispielsweise bei makroskopischen Phänomenen wie z.B. dem Fluss von Fluiden wie Wasser und Luft, oder dem Stromfluss in elektronischen Schaltkreisen. Die Manipulation nichtlinearen Verhaltens ist daher ein interessanter Ansatz, um Kontrolle über verschiedene Prozesse zu erlangen. Ein internationales Forscherteam unter der Führung von Andrea Cavalleri vom Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie am CFEL in Hamburg hat nun die nichtlineare Wechselwirkung zwischen einem Terahertz-Lichtfeld und einer supraleitenden Plasmawelle in einem Hochtemperatursupraleiter genutzt, um Letztere zu verstärken. Dies führte zu einem kohärenteren Supraleiter, der weniger anfällig für thermische Fluktuationen ist. Aufgrund der verlustfreien, supraleitenden Natur der Plasmawelle öffnet die Studie neue Wege für die „Plasmonik“, ein Forschungsgebiet, das sich unter anderem mit der Informationsübermittlung mithilfe von Plasmawellen befasst. Die Erkenntnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Physics vorgestellt.
Der Josephson-Effekt
Der Josephson-Effekt, 1962 von Brian D. Josephson vorhergesagt, beschreibt das Tunneln von Cooper-Paaren durch eine dünne, isolierende Barriere zwischen zwei Supraleitern. Eine solche Supraleiter-Isolator-Supraleiter-Struktur nennt man Josephson-Kontakt. Dieser Effekt wurde bereits kurze Zeit später experimentell bestätigt und Josephson erhielt 1973 den Nobelpreis für Physik, da seine Vorhersage zu einem Nachweis für die makroskopische Quantennatur von Supraleitern führte.
Die Dynamik der Ladungsträger an einem Josephson-Kontakt wird durch die Josephson-Gleichungen bestimmt, welche aussagen, dass der Stromfluss der tunnelnden Cooper-Paare proportional zum Sinus des Phasenunterschieds zwischen den beiden Supraleitern ist. Wenn an den Josephson-Kontakt eine Spannung angelegt wird, oszilliert der Tunnelstrom zwischen den Supraleitern mit einer Frequenz, die vom Spannungsabfall abhängt. Der Josephson-Effekt führte nicht nur zu grundlegenden Erkenntnissen in der Physik, sondern auch zu vielen Anwendungen, darunter sogenannte SQUIDs, das sind Sensoren zur genauen Messung extrem schwacher Magnetfelder. Diese werden unter anderem in der Medizin für die Messung von Gehirnströmungen (Magnetoenzephalographie) verwendet. Darüber hinaus finden Josephson-Kontakte heutzutage als extrem präzise Spannungsreferenz Einsatz. Dies liegt daran, dass der Josephson-Effekt ein Quanteneffekt ist, welcher Spannungen und Frequenzen (bzw. Zeit) einzig über Naturkonstanten in Beziehung zueinander setzt.
Zu aktuellen Forschungsthemen, die den Josephson-Effekt ausnutzen, gehören die Umsetzung von Qubits für Quantencomputer sowie photonische Bauelemente im Frequenzbereich von Gigahertz (GHz) bis Terahertz (THz).
Josephson-Plasmawellen in keramischen Supraleitern
Geschichtete Hochtemperatursupraleiter wie Kuprate – aufgebaut aus sich abwechselnden supraleitenden und isolierenden Schichten – sind Stapel von Josephson-Kontakten im Nanomaßstab. In diesen Materialien tritt supraleitender Transport zunächst innerhalb der Kupfer-Sauerstoff-Ebenen auf. Dreidimensionale Supraleitung entwickelt sich dann durch Josephson-Tunneln in senkrechter Richtung zu den Ebenen.
Analog zu den Maxwellgleichungen in der Elektrodynamik, deren Zeit- und Ortsabhängigkeit zu elektromagnetischen Wellen führt, führen die Josephson-Beziehungen zu den sogenannten Josephson-Plasmawellen. In Kupraten besitzen diese Wellen Frequenzen im THz-Bereich und können daher mit konventioneller THz-Spektroskopie untersucht werden.
Das Team um Andrea Cavalleri verwendete THz-Strahlung, um Josephson-Plasmawellen in mit Barium dotiertem Lanthan-Kupferoxid (La1.905Ba0.095CuO4) zu untersuchen. Über die Reflexion eines Abfragepulses konnten Sie Schwingungen mit einer Frequenz von etwa einem halben THz nachweisen. „Als wir den Supraleiter mit unseren schwachen Abfragepulsen bestrahlten, konnten wir Oszillationen des reflektierten Feldes mit einer bestimmten Frequenz, der sogenannten Josephson-Plasmafrequenz, beobachten“, sagt Srivats Rajasekaran, Erstautor der Arbeit und Postdoktorand am MPSD in Hamburg.
Nichtlinearitäten von Josephson-Plasmawellen und parametrische Verstärkung
Da Josephson-Plasmawellen den Josephson-Beziehungen unterliegen, sind sie von Natur aus nichtlinear. In der aktuellen Studie wurden diese Josephson-Plasmawellen mittels eines zusätzlichen, intensiven THz-Anregungspulses mit sehr großen Feldstärken von bis zu 100 kV/cm in einen hochgradig nichtlinearen Bereich gebracht. Eine derartig starke Anregung wurde durch die Ausnutzung jüngster Fortschritte in der THz-Technologie ermöglicht. In diesem Bereich ließ sich die Verstärkung der Josephson-Plasmawelle experimentell beobachten. „Der Reflexionsgrad der Probe wurde größer als 100% und darüber hinaus wurde der Absorptionskoeffizient negativ. Dies sind klare Anzeichen für Verstärkung innerhalb des Materials“, erklärt Srivats Rajasekaran.
Parametrische Verstärkung in einfachen oszillierenden Systemen, wobei Verstärkung durch die periodische Modulation eines bestimmten Parameters erreicht wird, ist ein gut verstandenes Phänomen. Beispielsweise verstärkt ein schaukelndes Kind die Stärke seiner Schwingung dadurch, dass es regelmäßig seinen Schwerpunkt anhebt und wieder absenkt. Ein Beispiel aus der Elektronik ist ein Schwingkreis mit periodisch veränderter Kapazität oder Induktivität. Parametrische Verstärker dieses Typs finden bei der rauschfreien Verstärkung schwacher Signale Anwendung (z.B. in der Radioastronomie). „Was die parametrische Verstärkung angeht, verhält sich ein geschichteter Supraleiter ganz ähnlich wie ein elektrischer Schwingkreis“, sagt Srivats Rajasekaran. „Der Josephson-Suprastrom ist wie ein Kabel, das die Platten eines Kondensators verbindet – in diesem Fall die Kupferoxidschichten.“ Die Induktivität des Suprastroms hängt von der Phasendifferenz zwischen den Ebenen ab, und diese Phasendifferenz ändert sich mit der Zeit und mit der Position innerhalb der Ebene.
„Als wir unseren intensiven Anregungspuls auf die Probe strahlten, oszillierte die Anregungs-Abfrage-Reaktion mit der doppelten Josephson-Plasmafrequenz. Das entspricht einer periodischen Modulation der Induktivität, welche für parametrische Verstärkung benötigt wird“, fügt Srivats Rajasekaran hinzu. „Dies ist das erste Mal, dass der Effekt parametrischer Verstärkung durch Lichtbestrahlung für Josephson-Plasmawellen nachgewiesen wurde“, erklärt Andrea Cavalleri, Direktor am MPSD in Hamburg.
Mögliche Anwendungen
Verstärkung von Josephson-Plasmawellen unter Ausnutzung der nichtlinearen Josephson-Beziehungen mittels THz-Pulsen fügt sich in eine Reihe mit den vorherigen Arbeiten zu geschichteten Supraleitern unter der Leitung von Andrea Cavalleri. In diesen wurde THz-Licht verwendet, um Supraleitung zwischen den Materialebenen aus- und anzuschalten und um supraleitende Solitonen zu erzeugen. Darüber hinaus hat die vorliegende Arbeit Auswirkungen auf die Kontrolle von Fluktuationen des Suprafluids. „Die Möglichkeit, das Suprafluid eines geschichteten Supraleiters parametrisch zu kontrollieren, könnte letztendlich ein Werkzeug zur Stabilisierung fluktuierender Supraleitung liefern, vielleicht sogar bei Temperaturen oberhalb der kritischen Temperatur“, schließt Andrea Cavalleri.
Diese Arbeit wurde durch den ERC Synergy Grant “Frontiers in Quantum Materials’ Control” (Q-MAC) ermöglicht, welcher Wissenschaftler des MPSD, der Oxford University und weiterer Forschungseinrichtungen zusammenbringt. Weitere beteiligte Institutionen sind das Brookhaven National Laboratory, die University of Bath und die National University of Singapore. Das Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) ist eine Kooperation von DESY, Max-Planck-Gesellschaft und Universität Hamburg.