Weyl-Fermionen im Spotlight
Hamburger Theoretiker präsentieren ultraschnelle Methode, um magnetische topologische Weyl-Materialien zu erzeugen
Forscher aus der Theorieabteilung des MPSD in Hamburg und der North Carolina State University in den U.S. haben gezeigt, dass der lang gesuchte semi-metallische, magnetische Weyl-Zustand mit ultraschnellen Laserpulsen in magnetischen Materialien, den sogenannten Pyrochlor-Iridaten, erzeugt werden kann. Ihre bei Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse könnten der Entwicklung von magneto-optischen topologischen Hochgeschwindigkeits-Schaltern für zukünftige elektronische Anwendungen den Weg bahnen.
Alle bislang bekannten elementaren Teilchen fallen in zwei Kategorien: Bosonen und Fermionen. Bosonen vermitteln Kräfte wie Magnetismus oder die Schwerkraft, während aus Fermionen, wie zum Beispiel Elektronen, die Materie aufgebaut ist. Auf theoretischer Basis wird vorhergesagt, dass drei Arten von Fermionen existieren können, die nach den Physikern Dirac, Weyl und Majorana benannt sind.
Im freien Raum sind Elektronen Dirac-Fermionen, aber in Festkörpern können sie ihre Eigenschaften verändern. Im atomar dünnen Kohlenstoffmaterial Graphen werden sie zu masselosen Dirac-Fermionen. In anderen kürzlich entdeckten und produzierten Materialien können sie auch zu Weyl- und Majorana-Fermionen werden, weswegen diese Stoffe für zukünftige Technologien wie topologische Quantencomputer und andere innovative elektronische Geräte von Interesse sind.
In Kombination mit einer Welle von Bosonen, nämlich den Photonen in einem Laser, können Fermionen von einer Sorte in eine andere verwandelt werden, wie von MPSD-Theoretikern schon 2016 vorhergesagt wurde (siehe Ref. 1) unten).
Nun belegt eine neue Studie von Doktorand Gabriel Topp aus Michael Sentefs Emmy-Noether-Gruppe, dass Elektronenspins mit kurzen Lichtpulsen gezielt manipuliert werden können, wodurch magnetische Weyl-Fermionen in einem Isolator erzeugt werden. Basierend auf einer vorigen Studie von Nicolas Tancogne-Déjean und dem Direktor der Theorieabteilung, Angel Rubio (siehe Ref. 2) unten), nutzten die Forscher die Idee der durch Laser veränderten Elektron-Elektron-Abstoßung, um den Magnetismus in Pyrochlor-Iridaten zu unterdrücken, in denen Elektronspins auf einem Tetraedergitter positioniert sind.
Auf diesem Gitter zeigen alle Elektronenspins wie kleine Kompassnadeln nach innen, zum Zentrum des Tetraeders, und auf dem benachbarten Tetraeder zeigen alle nach außen. Diese all-in, all-out-Kombination und die Länge der Kompassnadeln verursacht in dem Material ein isolierendes Verhalten, wenn es nicht durch Licht stimuliert wird.
Durch moderne Computersimulationen in großen Rechenclustern stellten die Wissenschaftler jedoch fest, dass die Nadeln anfangen zu rotieren, wenn ein Lichtblitz auf den Stoff trifft und so wie kürzere Nadeln mit einer geringeren magnetischen Ordnung erscheinen. Durch diese Verringerung des Magnetismus wird das Material halb-metallisch und die Weyl-Fermionen leiten den elektrischen Strom.
„Unsere Forschung, wie man mit Licht Materialien auf ultrakurzen Zeitskalen manipulieren kann, ist einen guten Schritt weitergekommen“, sagt Michael Sentef. Gabriel Topp fügt hinzu: „Uns überraschte die Tatsache, dass selbst ein zu starker Laserpuls, der den Magnetismus komplett unterdrücken sollte, zu einem magnetischen Weyl-Zustand führen kann. Dies liegt daran, dass die Materie in diesen kurzen Zeitspannen keine Gelegenheit hat, sich im thermischen Gleichgewicht auszubalancieren. Wenn alles hin und her gerüttelt wird, dauert es ein wenig, bis die zusätzliche Energie des Laserblitzes gleichmäßig auf alle Teilchen des Materials verteilt ist.“
Die Wissenschaftler sind zuversichtlich, dass ihr Arbeit weitere theoretische und experimentelle Studien stimulieren wird. „Wir entwickeln gerade erst ein Verständnis davon, dass Licht und Materie auf viele beeindruckende Arten kombiniert werden können und dadurch fantastische Effekte erzeugt werden, von denen wir heute vielleicht noch nicht einmal träumen können“, sagt Angel Rubio. „Mit unseren engagierten, hochmotivierten und talentierten jungen Wissenschaftlern am MPSD arbeiten wir intensiv daran, diese fast unbegrenzten Möglichkeiten zu erforschen, damit die Gesellschaft von unseren Entdeckungen profitiert.“